Kleinkünstlerin Marie-Therese Escribano gestorben
Die Sängerin und Kleinkünstlerin Marie-Thérèse Escribano ist am Montagnachmittag 97-jährig in einem Wiener Spital gestorben. Das gab eine enge Freundin der vielseitigen Künstlerin, die in Paris geboren wurde, in Madrid aufgewachsen ist, in Brüssel studiert hat und seit Jahrzehnten in Wien lebte, gegenüber der APA bekannt.
Escribano wurde am 19. März 1926 als Kind einer belgischen Mutter und eines spanischen Vaters in Paris geboren und wuchs in Madrid auf. Nach Studien an der Madrider Musikhochschule setzte sie diese in Brüssel fort, wo sie eines Abends ein Gastspiel des damaligen Staatsopernensembles mit Größen wie Elisabeth Schwarzkopf, Irmgard Seefried oder Anton Dermota hörte. „Ich habe diese berühmten Sänger gehört und war fasziniert. Ich habe mir gedacht, das ist genau das, was ich lernen will, und nachdem meine Mutter gestorben ist, bin ich nach Wien gegangen“, erinnerte sich Escribano einst im APA-Gespräch an ihren Gang nach Wien 1955 – eine Stadt, die sie multikulturell wahrnahm: „Es gab ganz verschiedene Nationalitäten und noch keine große Ausländerfeindlichkeit – das hat mir gut gefallen.“
Und so blieb sie, wurde an der damaligen Akademie für Musik und darstellende Kunst aufgenommen und entdeckte ihre Vorliebe für moderne avantgardistische Musik. 1959 sang Escribano im Ensemble die reihe rund um Friedrich Cerha die „Improvisations sur Mallarmé“ von Pierre Boulez im Konzerthaus und konnte überzeugen. Auch gab die Sängerin europaweit Konzerte unter Größen wie Lorin Maazel oder Mauricio Kagel mit Werken der Avantgarde.
Bei der Neuen Musik blieb die Künstlerin allerdings nicht stehen. Einige Jahre später traf sie auf Klaus und Michel Walter, die sich mit Alter Musik beschäftigten. Als die beiden der Sängerin mittelalterliche Instrumente vorführten, war sie begeistert. Zusammen gründete man das Ensemble Les Menestrels.
Mitte der 70er stellte Escribano dann erneut ihre Vielschichtigkeit unter Beweis und wechselte ins Theatermilieu. „Es ist ein großes Glück, wenn die inneren Schichten der Zwiebel so laut schreien, dass sie hörbar werden“, erinnerte sie sich unter Bezug auf das Zwiebelgleichnis aus „Peer Gynt“ an die Motivation für diesen Umbruch. Danach verlegte sie sich zunehmend auf das, was sie selbst „kleine Stücke“ nannte. Die Bezeichnung der Kabarettistin lehnte sie ab. „Ich bin stolz auf meine Programme, denn es sind immer meine eigenen Texte.“ Zugleich waren diese Auftritte stets geprägt von großer Spontanität. Ihre Programme trugen Titel wie „Kommt mir spanisch vor“, „Umso älter desto ich“ oder „90:90“, als sie in 90 Minuten zu ihrem 90. Geburtstag ihr Leben Revue passieren ließ.
Dabei beschränkte sich das Engagement der Trägerin des Silberne Ehrenzeichens der Stadt Wien nie nur auf das Scheinwerferlicht, sondern umfasste auch den Platz hinter der Bühne, gab Escribano doch als ausgebildete Sängerin lange Jahre Workshops sowie Sing- und Sprachunterricht. Dabei lehnte sie selbst den Begriff „Stimmbildung“ als zu sehr an Dressur gemahnend ab und erfand ihre Methode der „Stimmbefreiung“ – ein Begriff, der hervorragend zum Leben von Marie-Thérèse Escribano passt, das nun nach über 97 Jahren zu Ende gegangen ist.
(APA)
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