Vor einem Jahr starb Königin Elizabeth II.

London – Auch nach einem Jahr geht es vielen Briten etwas holprig von der Zunge. Noch immer singen einige Untertanen „God Save the Queen“, wenn die Nationalhymne ertönt. Dabei gilt seit dem Tod von Königin Elizabeth II. am 8. September 2022 doch „God Save the King“.

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Bereits seit einem Jahr sitzt König Charles III. auf dem Thron, Elizabeths ältester Sohn. Dass ein Mann „Königin“ sein kann, ist nach 70 Jahren unter einer Queen vermutlich die größte Änderung. Aber beileibe nicht die einzige.

Geld und Co.

Auf Briefmarken sowie einigen Münzen ist der Wechsel am sichtbarsten: Sie tragen bereits das Profil von Charles. Der Tradition entsprechend blickt der Monarch nach links – nachdem seine Vorgängerin nach rechts geschaut hatte. Geldstücke mit dem Antlitz der Queen sind aber noch immer milliardenfach im Umlauf und weiter gültig. Auf Geldscheinen dürfte Charles erst Mitte 2024 auftauchen.

Staatliche Einrichtungen hingegen mussten ihre Beschriftung ändern, denn ihre offizielle Bezeichnung lautet „His Majesty’s…“ (Seiner Majestät) und nicht mehr „Her Majesty’s…“ (Ihrer Majestät). Dementsprechend hat sich auch der Titel von Anwälten geändert: Sie sind nun KC (King’s Counsel) und nicht mehr QC (Queen’s Counsel).

Öffentlichkeit

Sichtbarer ist auch der Monarch selbst. Bis zur inoffiziellen Sommerpause, die Charles auf dem königlichen Landsitz Balmoral in Schottland – dort starb die Queen – verbringt, reiste der 74-Jährige unermüdlich durchs Land. Kaum eine Woche ohne öffentlichen Auftritt, Charles und Camilla besuchten alle Landesteile. Queen Elizabeth war in den vergangenen Jahren – zuletzt auch bedingt durch die Pandemie und ihre Gesundheit – immer seltener aufgetreten.

Mit dem Staatsbesuch in Deutschland Ende März meldete sich die Royal Family auch auf der internationalen Bühne zurück, bald wird die im Frühjahr wegen der gewalttätigen Rentenproteste abgesagte Visite in Frankreich nachgeholt. Die früheren Kolonien Kenia und Australien sollen ebenfalls auf der Reiseliste stehen. „Ich glaube, wir hatten schon fast vergessen, was es bedeutet, wenn man sieht, dass das britische Staatsoberhaupt Staatsbesuche unternimmt“, sagt der Verfassungsrechtler Craig Prescott. Solche Reisen könnten symbolischen Wert haben und auch zur normalen Diplomatie beitragen.

Wohnort

Charles hat die royalen Residenzen neu sortiert. Schloss Windsor westlich von London, wo seine Mutter zuletzt residierte, hat an Bedeutung verloren. Der Mittelpunkt der Monarchie heißt wieder London. Allerdings ist es nicht der Buckingham-Palast, der noch bis 2027 umfassend renoviert wird. Sondern das nahe gelegene Clarence House, das Charles als Thronfolger schätzen lernte. Aus dem Palast wird betont, das werde nicht von Dauer sein. Spätestens mit Abschluss der Arbeiten solle Charles in das Stadtschloss einziehen.

Tiere

Die Royals sind für ihre Tierliebe bekannt, Charles ist keine Ausnahme. Ebenso wie seine Mutter hält er Hunde – allerdings weder die berühmten Corgis, deren jüngste Exemplare Muick und Sandy nach dem Tod ihres Frauchens nun von deren Sohn Prinz Andrew und dessen Ex-Frau Sarah „Fergie“ Ferguson betreut werden. Es sind auch keine Cavalier King Charles Spaniel – die Gratiszeitung „Metro“ schrieb von einer „verpassten Gelegenheit“ -, sondern die Jack Russell Terrier Beth und Bluebell, die sogar auf Camillas Krönungsrobe verewigt sind.

Auch Pferde stehen hoch im Kurs. Das Königspaar besuchte mehrere Tage in Folge das bekannte Spektakel in Ascot, wo Charles‘ Pferd Desert Hero in einem Rennen zum Sieg raste. Doch an die sprichwörtliche Tierliebe seiner Mutter dürfte Charles nicht heranreichen. Bis kurz vor ihrem Tod habe sie noch ihr Lieblingspony Emma geritten, erzählte Pferdepfleger Terence Pendry der Fachzeitschrift „Horse & Hound“.

Das schwarze Fell-Pony wurde weltweit bekannt, weil es in Windsor bei der Trauerprozession für die Queen am Wegrand stand – den Sattelschutz der Monarchin und ihr Kopftuch auf dem Rücken. Ihre Rente verbringt Emma in den königlichen Ställen Royal Mews in London.

Zukunft

Moderner soll die Monarchie werden, moderner zeigt sich der Monarch. Wo seine Mutter ikonenhaft über den Dingen zu schweben schien, gibt sich Charles nahbar. Beim Besuch eines Sikh-Tempels saß er auf dem Boden. Und während die „stiff upper lip“ der verstorbenen Queen sprichwörtlich war, ist ihr Sohn deutlich emotionaler

In seiner ersten Rede ans Volk hielt er Tränen wegen seiner toten Mutter zurück, in Nordirland echauffierte er sich über einen klecksenden Stift. Gelobt wurde auch seine Entscheidung, die royalen Archive für Recherchen über die Verbindungen der Krone mit dem Sklavenhandel zu öffnen. Wobei ihm bisher keine Entschuldigung über die Lippen kam.

„Allein, dass es einen König und eine Königin gibt, ist etwas, was wir seit 1952 nicht mehr hatten“, sagt Experte Prescott, der bisher an der Universität Bangor lehrte und an einem Buch über moderne Monarchie arbeitet. „Man könnte also sagen, wir bewegen uns langsam in Richtung einer normaleren Monarchie.“ Es gebe einen König und eine Königin, aber nicht mehr eine Art Übermutter wie Elizabeth II. es gewesen sei, die eher einer internationalen Ikone glich. Das, betont Prescott, zeige auch die Stärke der Monarchie als Institution. © dpa

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