Eine Reise "zurück in die Zukunft"
Wer an Matthias Reim, 65, denkt, denkt vielleicht auch an seinen ersten Kuss … zumindest läuten viele seiner Songs ganz besondere Erinnerungen ein, die uns zurück in die 90er und 2000er Jahre katapultieren. Vor allem der Kult-Song "Verdammt, ich lieb' Dich" ist den meisten wohl bis heute im Ohr. Reims persönliches Leben ist geprägt von Höhen und Tiefen, doch begleitet von einer unbändigen Leidenschaft für seine Musik. Nachdem er im September 2022 aufgrund gesundheitlicher Probleme alle geplanten Konzerte absagen musste, befindet er sich aktuell wieder auf einer deutschlandweiten Tour, deren Höhepunkt am 16. September sein 1500. Konzert in der Wuhlheide sein wird.
Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht der Schlagerstar darüber, wie seine Musik bis heute ganz viele Erinnerungen weckt und warum er trotz seiner vielgeliebten Oldies weiterhin neue Musik machen will.
Ihr neuestes Album „Die Höhepunkte der Arena-Konzerte“ fasst die größten Hits Ihrer Live-Konzerte zusammen. Was sind Ihre persönlichen Höhepunkte aus dieser Zeit?
Matthias Reim: Es gibt so viele Höhepunkte! Man bekommt einen Eindruck davon, wie es sich ungefähr anhört – am besten aber muss man es natürlich live erlebt haben. Und so seltsam es klingen mag: Für mich ist die Zugabe immer ein ganz toller Moment. Denn ich liebe 'Verdammt, ich lieb' Dich' immer noch genauso wie am ersten Tag. Ich habe den Song mittlerweile bestimmt um die 5.000 Mal in meinem Leben gesungen, und es wird einfach nie langweilig. Da stehen dann die Mutter mit der sechsjährigen Tochter, und Oma und Opa womöglich noch daneben und man sieht wie es Generationen verbindet. Die Begeisterung, die dieser Song immer noch auslösen kann, ist für mich so ein Glücksmoment, dass ich nach wie vor sagen würde, mein schönster Moment ist genau dieser.
Wie war der Moment des Schreibens der mittlerweile ikonischen Hymne „Verdammt, ich lieb‘ Dich“?
Reim: Das war an einem 25. November, 1989 – und ich weiß das nur deswegen, weil es mein 26. Geburtstag war. Ich hatte gerade telefonisch eine Absage für ein Album bekommen, das ich produziert hatte. Mir wurde gesagt, dass sie es nicht veröffentlichen würden, dass dieses 'Ich lieb' Dich, ich lieb' Dich' schlecht sei, und sie müssten neue Wege gehen. Und ich schrieb einfach so 'Ich lieb' Dich, ich lieb' Dich nicht, verdammte Grütze …' mit und diese Worte waren alle da, auch der Schrott. Ich schrieb das alles etwas frustriert auf einen Zettel. Dann legte der Herr auf. Es regnete in Strömen und ich schaute auf die Zeilen, setzte mich ans Klavier – und dann war der Song innerhalb von zwanzig Minuten geschrieben. Das zeigte mir, dass sich etwas, das ich als Unglück empfand, innerhalb von Minuten in das größte Glück verwandeln kann. Und das habe ich auch in dieses Lied übertragen: Denn Katastrophen können manchmal auch neue Chancen bedeuten.
In Ihren Songs hört man viele Ihrer persönlichen Höhen und Tiefen heraus. Konnten Sie aus Ihren Niederschlägen immer wieder Kraft schöpfen?
Reim: Ich denke, zunächst einmal wäre ich ein sehr unintelligenter Mensch, wenn ich massive Fehler, die ich gemacht habe, wiederholen würde. Denn man lernt aus seinen Fehlern. Das beschreibe ich auch immer wieder in meinen Songs: 'Wenn mir das nicht passiert wäre, wärst du mir nicht begegnet'. Für mich hat sich das bewährt, und Fehler gehören im Leben dazu. Denn wenn man älter und weiser wird, lernt man aus diesen Erfahrungen. Hätte ich nur Glück und Erfolg im Leben gehabt, dann wäre ich heute wahrscheinlich ein unerträglicher Multimillionär.
Ihre letzte Tour musste aufgrund gesundheitlicher Probleme größtenteils abgesagt werden. In einem anderen Kontext nannten Sie auch „Burnout-Probleme“ als Grund dafür. Wie stellen Sie sich dem Problem nun für die jetzige Tour?
Reim: Ich muss mich dem stellen, das ist ganz klar. Das sogenannte Burnout kam ja aus einer wirklich endlosen Kette aufeinanderfolgender Infekte. Denn nach Corona ging es endlich weiter, und das hatte ich massiv unterschätzt, weil dieses abgeschottet sein über die Jahre hinweg einfach das Immunsystem schwächt. Ich hatte in der Zeit auch gar nichts gemacht, war auch nicht draußen. Dann bin ich direkt in die Silbereisen-Tour gegangen, 25 Arenen mit etwa 10.000 Menschen, die bei allem mitgesungen haben. Ich stand in der ersten Reihe und habe quasi alles aufgenommen. Nachdem ich noch zwei Konzerte mit Fieber auf der Bühne gespielt habe, war einfach Schluss. Ich musste mich erstmal zurückziehen, um zu heilen.
Im Moment – 'toi, toi, toi' – spiele ich seit Monaten ein Konzert nach dem anderen. Die Hallen und Open Airs sind rappelvoll, und mit dem neuen Konzept und der arrangierten Show sind wir bisher sehr erfolgreich, ohne Schnupfen und ohne Ausfälle. Und das ist allein für die Psyche schon ein tolles Gefühl, weil man mit Freude und Kraft auf die Bühne gehen kann.
Was können Fans und Interessierte bei der neuen Matthias Reim Show erwarten?
Reim: Es gibt eine Zeitreise durch 33 Jahre meiner Musik. Erstaunlicherweise erlebe ich, dass viele meiner Songs bekannt sind, sogar für zum Teil Ehepartnerinnen oder Ehepartnern, die nur mitgeschleppt wurden. Die Musik ist so aufgebaut, dass diese Songs wieder zu einem neuen Erlebnis werden. Wir haben zum Beispiel viele der Nebenmelodien, die sich im Laufe der Jahre weggespielt haben, wiederentdeckt und mit aktuellen Klängen neu arrangiert. Das ist eine Reise zurück in die Zukunft.
Nach so vielen Jahren auf der Bühne und im Studio: Wie hat sich Ihr musikalisches Empfinden im Laufe der Jahre verändert?
Reim: Bei meinen Songs bin ich oft sehr konservativ, weil ich ein Kind der siebziger Jahre bin und von den großen Rockbands geprägt wurde. Das hört man meinen Songs und dem Songwriting auch an. Aber ich bin auch gerne bereit, die Tür zu öffnen, wenn sich Gelegenheiten ergeben, wie bei einer Pech-und-Schwefel-Nummer mit dem Rapper Finch. Das hat riesigen Spaß gemacht. Und beim Parookaville vor zehntausenden Menschen in einem Chaos-Rap-Desaster im strömenden Regen zu stehen und als 65-Jähriger zu denken: 'Wow' – das ist eben auch Zeitgeist. Da kam ich schon ins Staunen, vor allem darüber, dass 80.000 Technofans jedes einzelne Wort von 'Verdammt, ich lieb' Dich' mitgegrölt haben.
Und wir haben dann gesagt: 'Siehst du, es gibt keine Grenzen!' Denn es gibt auch keine Abgrenzung des Publikums. Es ist einfach das, was Konzerte oder Festivals vermitteln sollten: Freude, Spaß und eine Auszeit vom Alltag.
Zum Höhepunkt Ihrer Tour spielen Sie das 1500. Konzert, das am 16. September in der Wuhlheide stattfindet. Wie fühlt sich das an? Und was wird besonders daran sein?
Reim: Wir haben für das Konzert in der Wuhlheide einmal hochgerechnet, wo wir überall waren, und haben auch die Konzerte mitgezählt, die in den späten 90ern schiefgegangen sind. All diese Jahre haben so viel Spaß gemacht. Es war ein langer Weg für mich, aber ich bin ihn gerne gegangen. Ich fand es einfach schön, einen Höhepunkt zu setzen und das ist für mich eine besondere Gelegenheit, mit den Menschen zu feiern, die darauf Bock haben. Ich lade zu meiner Reise zurück in die Zukunft ein, mit vielen Erinnerungen an die 90er Jahre und die 2000er Jahre. Es sind Erinnerungen, die von der Musik dieser Zeit begleitet wurden.
Dazu kommen auch meine Kinder, die auf der Bühne zu sehen sein werden. Finch wird auch dabei sein, Maschine von den Puhdys kommt, Karat kommt, und wir machen etwas zusammen … Es wird eine lange Show sein, aber es wird die großen Matthias Reim Hits geben. Und wenn wir dann noch einen schönen Spätsommerhimmel haben, dann kann das nur ein unfassbares Fest und eine tolle neue Erinnerung werden.
Wie geht es für Sie nach der Tour weiter? Sind bereits neue Projekte geplant?
Reim: Nach der Tour freue ich mich auf die Zeit, in der ich nicht fliegen oder im Auto sitzen muss. Denn nach der Wuhlheide kommen noch ein oder zwei Konzerte. Dann kommt aber die dunkle Jahreszeit, in der ich die Lampen im Studio anmache und an meinem neuen Album arbeite. Ich möchte vor allem zeigen, dass ich mich trotz der vielen geliebten Oldies immer noch erneuere. Denn ich mache immer etwas Neues, und ich kann einfach nicht aufhören, neue Musik zu machen. Es kommt immer das Nächste: Nach dem Konzert ist vor dem Konzert, nach dem Album ist vor dem Album.
Wird man Sie vielleicht auch in der deutschen TV-Landschaft sehen?
Reim: Ich muss ehrlich zugeben, dass das Schauspielen überhaupt nicht mein Ding ist. 'Schuster, bleib bei deinen Leisten' – ich habe ein Talent geschenkt bekommen, und ich finde, man muss nicht alles können. Auch Fernsehshows interessieren mich nicht besonders, ich brauche diese Art von Ruhm eigentlich nicht. Ich suche immer die Zufriedenheit mit mir und meiner Musik und nehme das sehr ernst. Das Einzige, worüber man reden könnte, wären Formate wie "The Voice". Da könnte ich tatsächlich gut als Juror funktionieren, mit der Erfahrung, die ich habe. Aber im Moment gibt es keine Zeit dafür.
Apropos: Wie steht es da um das eigene Familienleben: Bleibt dafür Zeit? Und wie sieht das Familienleben im Hause Reim aus?
Reim: Es bleibt schon Zeit, aber es ist immer irgendwie zu wenig. Wenn ich am Sonntagabend todmüde nach Hause komme, gerade auch in den Sommerferien, wenn alle bei mir sind, stehe ich da und ärgere mich, weil ich einfach wenig zu Hause bin. Das ist so die Erkenntnis nach jedem Sommer, der für mich einfach für Konzerte Hochsaison bedeutet. Meine Kinder wissen das aber und sind dann auch nicht traurig. Am Donnerstag heißt es 'Tschüss', und am Sonntagabend heißt es dann 'Hallo Papa, was machen wir jetzt?'. Ich gehe dann einmal durch die Zimmer und quatsche mit jedem, aber dann brauche ich trotzdem erstmal Ruhe.
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