Veronica Ferres: Über ihre zweite Karriere und ihre Priorität im Leben
Es gab Zeiten, da war sie im Fernsehen so präsent wie die Tagesschau-Sprecher. Noch immer gehört Veronica Ferres, 58, zu den am meisten beschäftigten Schauspielerinnen Deutschlands, heute aber steht sie häufiger hinter der Kamera als davor, ist in ihrer Firma Construction Film quasi Chefin von Sandra Bullock oder demnächst Laura Dern. Als Produzentin hat sie sich eine zweite Karriere aufgebaut, und sie ist stolz darauf. Ihr jüngstes Projekt: ein Spielfilm über den spektakulären Entführungsfall Johannes Erlemann.
Veronica Ferres: Sie steht derzeit lieber hinter der Kamera
GALA: Ist der Eindruck richtig, dass Sie sich vom roten Teppich immer mehr zurückziehen
Veronica Ferres: Wenn es für Filmprojekte nötig ist, natürlich nicht. Aber wenn man so ein aufregendes Leben führt, wie ich es führen darf, mit drei Kindern, einem wunderbaren Mann, einer tollen Produktionsfirma und einer Schauspielkarriere, dann bleibt nicht mehr viel Zeit für Dinge, die nicht absolut notwendig sind. Priorität hat immer die Familie.
Fühlen Sie sich nach anfänglichen Vorurteilen als Produzentin inzwischen ernst genommen?
Die Construction Film genießt national und international einen hervorragenden Ruf. Es ist sicher nicht mehr so wie am Anfang, als viele dachten: "Ach, da gründet eine Schauspielerin eine Firma und produziert mal ein bisschen ihre eigenen Filmchen." Nein, die Construction Film hat jetzt zehn Filme produziert, bei denen ich als Schauspielerin nicht involviert war. Dass ich meine schauspielerische Karriere komplett autark sehe, hat mich als Schauspielerin viel interessanter gemacht.
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Wo liegt in Zukunft Ihre Priorität?
Ich sehe meine Zukunft darin, dass ich mit 98 Jahren auf der Bühne in einem Zwei-Personen-Stück mit John Malkovich tot umfalle. Und vorher wild und neugierig bleibe. (lacht)
Wie managen Sie Ihr Leben zwischen Amerika und Deutschland?
Mein Lebensmittelpunkt ist München, aber ich habe tatsächlich ein großes, starkes Netzwerk in den USA aufgebaut. Ich achte darauf, mir einen Tag in der Woche komplett freizuhalten, um zu entspannen und den Kopf frei zu bekommen. Mein Glücksrezept ist, dass ich mich immer frage: Bin ich gerne an dem Ort und gerne mit den Menschen zusammen? Wenn ich das Gefühl habe, etwas stimmt nicht, ändere ich das.
Ist das Handy am freien Tag komplett aus?
Ja. Nur die Fußballergebnisse checke ich, vor allem die von meinem Lieblingsclub Bayern München.
Machen Sie selbst Sport?
Ich liebe Reiten und alle Sportarten, die etwas mit Wasser zu tun haben. Ich brauche kein Fitnesstudio, ich mache meine Übungen mit Therabändern und körpereigenem Gewicht. Das ist wichtig, um mobil zu bleiben. Es ist ein großes Geschenk, auf diese Weise älter werden zu dürfen.
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Was tun Sie außerdem dafür?
Gesunde Ernährung. Und ich habe ganz viele Tricks, die ich mir über die Zeit angeeignet habe. Morgens wirkt frisch gepresster Zitronensaft in lauwarmem Wasser Wunder.
Also nur natürliche Methoden?
Ich ziehe den Hut vor denen, die den Mut haben, sich in fremde Hände zu begeben und Operationen zu wagen. Ich bin da ein viel zu großer Feigling. Es gibt tolle andere Methoden, jung zu bleiben. Die sind anstrengend, kosten Kraft und Zeit. Aber das ist mein Weg.
Hilft Ihnen diese Disziplin auch als Unternehmerin?
Ja, Construction Film hat gerade zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Wir sind langsam und homogen gewachsen und haben mittlerweile große Seriosität und Akzeptanz in der Branche und werden sehr umworben. Aber auch das war ein langer, steiniger Weg.
Wofür stehen Sie heute?
Wir sind ein Female-Empowerment-Unternehmen. In Amerika nennen sie uns "Die kleine Reese Witherspoon". (Der Hollywood-Star produziert betont feministische Filme; Anm. der Red.) Die weiblichen Geschichten kamen zu uns, dafür steht unsere Firma. Deshalb haben wir auch in Erlemann die Rolle der Mutter, gespielt von Sonja Gerhardt, so stark ausgebaut.
Ferres‘ aktueller Film behandelt den Entführungsfall von Johannes Erlemann
Was hat Sie an Johannes Erlemann fasziniert?
Johannes ist für mich wie ein Rockstar. Er sollte die Konzerthallen füllen, er hat einen einzigartigen Blick auf die Welt und trotz seiner Verletzlichkeit eine unglaubliche Stärke. Er könnte vielen Menschen helfen. Zudem hat er einen hohen Unterhaltungswert. Man liebt es, ihm zuzuhören.
Womit könnte er denn helfen?
Mit seiner ungebrochenen positiven Lebenseinstellung, seinem Optimismus, seiner Begeisterungsfähigkeit, seiner Offenheit, obwohl ihn das Erzählen seiner Geschichte jedes Mal physisch und psychisch unfassbar anstrengt. Das ist für ihn wie ein 1000-Meter-Sprint. Er sieht sich nicht als Opfer, sondern als Überlebender.
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