{"id":300753,"date":"2023-11-26T21:39:17","date_gmt":"2023-11-26T21:39:17","guid":{"rendered":"https:\/\/promistarsnews.com\/?p=300753"},"modified":"2023-11-26T21:39:17","modified_gmt":"2023-11-26T21:39:17","slug":"jil-sander-ich-bin-scheu-aber-auch-unerbittlich","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/promistarsnews.com\/stars\/jil-sander-ich-bin-scheu-aber-auch-unerbittlich\/","title":{"rendered":"Jil Sander: "Ich bin scheu \u2013 aber auch unerbittlich""},"content":{"rendered":"
Bei einem Treffen vor zwei Jahren sagte sie: "Irgendwann werden wir uns sicher wieder einmal an der Alster sehen." Diesen Sommer, nach meinem Lauftraining, kam Jil Sander mir entgegen. Wie immer ein warmes, inspirierendes Gespr\u00e4ch. "Wir sprechen wieder!", sagte sie zum Abschied. Vorige Woche dann der Anruf der gr\u00f6\u00dften deutschen Designerin. Sie wollte GALA eines ihrer seltenen Interviews geben, denn am 27. November wird sie 80 Jahre alt. Stolz schaut sie auf eine einzigartige Karriere zur\u00fcck. Jil Sander baute ein Weltunternehmen auf und beeinflusst mit ihrem minimalistischen Stil noch immer die Mode, auch wenn sie sich voriges Jahr nach der Kooperation "+J" mit dem japanischen Textilgiganten Uniqlo aus der Fashionwelt zur\u00fcckgezogen hat. Aktuell arbeitet sie an einem Buch.\u00a0<\/p>\n
GALA: Frau Sander, m\u00f6gen Sie eigentlich Geburtstage?<\/strong> Sie werden 80 Jahre alt. Bedeutet Ihnen die Zahl denn gar nichts?\u00a0<\/strong> Welche Lebensphase fanden Sie r\u00fcckblickend am spannendsten?<\/strong> Gibt es Dinge, die Sie heute gelassener nehmen?<\/strong> Was haben Sie im Lauf ihres Lebens \u00fcber die Rolle von Mode gelernt?<\/strong> Welche Einstellung zu unserer Bekleidung hat sich ge\u00e4ndert?<\/strong> Warum ist es denn Ihrer Meinung so wichtig, Mode und seinen eigenen Kleidungsstil ernst zu nehmen?<\/strong> Beurteilen Sie andere auch danach, wie sie sich kleiden?<\/strong> Sie gelten als detailversessen, kompromisslos bei Ihrer Arbeit. Woran liegt das, und ist das noch immer so?<\/strong> Gibt es einen Charakterzug, den man an Ihnen immer untersch\u00e4tzt oder nie so richtig wahrgenommen hat?<\/strong>\u00a0 Wie keine andere deutsche Designerin haben Sie international die Bedeutung von Mode ver\u00e4ndert. Worauf sind Sie dabei besonders stolz?<\/strong> <\/p>\n \u00a0<\/p>\n Sie haben Luxus immer \u00fcber Stoffe und die perfekte Schnittf\u00fchrung definiert. Nach der Welle der Logomania feiert nun "Quiet Luxury" ein gro\u00dfes Comeback. Warum?<\/strong> Woher kam Ihre sehr minimalistische Vision von Mode am Anfang Ihrer Karriere \u00fcberhaupt?<\/strong> "Less is more", das haben Sie immer propagiert. Gilt Ihre Abneigung gegen Lautes nur in der Mode oder auch im Leben Allgemein?<\/strong> Welchen Eindruck haben Sie von der n\u00e4chsten Generation in Bezug auf deren teilweise oberfl\u00e4chliche Lebenseinstellungen und schnelllebigen Kleidungsstil?<\/strong> Kleiden sich die Menschen heute besser als fr\u00fcher?<\/strong> Gibt es Trends, die Sie bis heute nicht nachvollziehen k\u00f6nnen?<\/strong> Was sollen wir von Ihnen lernen?<\/strong> Wir haben<\/strong>uns im Sommer an der Alster beim Spaziergang getroffen. Was bedeutet Ihnen Hamburg?<\/strong> \u00a0<\/p>\n
Jil Sander: Nicht besonders. Ich verreise dann meistens.<\/p>\n
Im Gegenteil, es ist irritierend, denn an meinem Selbstwertgef\u00fchl hat sich \u00fcber die Jahre wenig ver\u00e4ndert.<\/p>\n
Vielleicht die des Aufbaus meines Hauses, als sich der Einsatz gelohnt hat und die Dinge sich schnell in die richtige Richtung vorw\u00e4rts bewegten.<\/p>\n
Nat\u00fcrlich. Heute sagt mir die Erfahrung vorab, was ich fr\u00fcher erst ausprobieren und durchleben musste. Ich kann Herausforderungen schneller einsch\u00e4tzen.\u00a0
\u00a0<\/p>\n Das bedeutet Mode f\u00fcr die Designerin <\/h2>\n
Sie ist enorm wichtig, denn sie verr\u00e4t viel \u00fcber Selbstachtung.<\/p>\n
Vieles hat sich verbessert. Wir tragen Mode nicht mehr, weil sie im Trend ist, sondern weil sie uns gef\u00e4llt. Aber es wird noch heute oft untersch\u00e4tzt, was sie f\u00fcr uns tun kann.<\/p>\n
Weil wir so die Kontrolle dar\u00fcber gewinnen, wie wir auf andere wirken.\u00a0<\/p>\n
Das tun wir alle, auch wenn es oft unbewusst bleibt.<\/p>\n
Es kommt auf die Details an. Wenn da etwas nicht stimmt, wird das Ganze entwertet. Das habe ich fr\u00fch gelernt und entsprechend ein Leben lang die sogenannten kleinen Dinge mit Sorgfalt behandelt. Ihre Ausf\u00fchrung ist fast wie ein Code, den ich mit Jil-Sander-Tr\u00e4gerinnen und -Tr\u00e4gern teile.<\/p>\n
Ich gelte als scheu, was nicht ganz falsch ist, aber ich bin gleichzeitig sehr entschlossen und unerbittlich, wenn ich ein Ziel anstrebe.<\/p>\n
Vielleicht darauf, dass es m\u00f6glich war, an den gro\u00dfen Traum zu glauben und ihn zu verwirklichen. Aber auch auf konkrete Projekte wie den supermodernen Flagshipstore an der Pariser Avenue Montaigne, den wir in den 1990ern, unbeirrt von der Pariser Boutiquen\u00e4sthetik, verwirklicht haben.\u00a0
\u00a0<\/p>\n Ganz nach dem Motto: „Less is more“ <\/h2>\n
An der Label-Kultur und dem ostentativen Luxus sieht man sich schnell satt und entsorgt sie. W\u00e4hrend der leise Luxus, den Sie ansprechen, im Einklang mit der \u00f6kologischen Krise und dem Sinn f\u00fcr Nachhaltigkeit steht.\u00a0<\/p>\n
Ich wurde mit ihr geboren oder habe sie in sehr jungen Jahren gefunden. Jedenfalls war ich schon mit sechs Jahren in Kleiderfragen sehr eigen und habe meine Familie beim Anziehen beraten.<\/p>\n
Schon allgemein. Es war wohl vor allem "weibliche Kleidung", die mich irritiert hat, weil die M\u00e4nner ganz andere, praktischere Sachen tragen durften. Auf die war ich neidisch.<\/p>\n
Ich schaue auf die \u00fcbern\u00e4chste Generation, die das Oberfl\u00e4chliche ablehnt, auch aus ethischen Gr\u00fcnden. Zurzeit beobachte ich bei jungen Leuten viel Fantasie, die auch mit der Einbeziehung von Vintage-Mode zu tun hat.<\/p>\n
Sie achten auf Komfort, und das st\u00e4rkt die Bewegungsfreiheit. Man muss nicht jeden Tag etwas anderes tragen, wenn der Look stimmt.<\/p>\n
Da gibt es sogar eine Menge!<\/p>\n
Ich bin keine Lehrerin, ich mache Fehler wie alle anderen. Aber ich sehe meine Designarbeit tats\u00e4chlich missionarisch. Ich m\u00f6chte, dass sich die Selbstachtung auf die eigene Kleidung erstreckt und wir durch sie Respekt und Unterst\u00fctzung gewinnen.\u00a0<\/p>\n
Hamburg ist meine Heimat, und ich verstehe das dortige Lebensgef\u00fchl, eine gewisse Reserviertheit und Kultiviertheit, aber auch das Klima, das Wasser und das klare, unbestechliche Licht.\u00a0<\/p>\n