Mehr Ochsenknechts und weniger Drama. Das Sky Original „Der Pass“ wurde am vergangenen Wochenende mit der Branchen-Romy in der Kategorie „Beste Serie TV\/Stream“ geehrt. Aber mit fiktionalen Eigenproduktionen wie diesen ist ab 2024 Schluss beim Pay-TV-Sender. „Wir werden auch weiterhin in Inhalte investieren“, so Christian Asanger, Entertainment-Chef von Sky Deutschland, im Gespr\u00e4ch mit der APA.<\/p>\n
APA: Die Blase rund um den Streamingboom der 2010er Jahre ist endg\u00fcltig geplatzt. Alle Player, auch gro\u00dfe Studios wie Disney, m\u00fcssen Zugest\u00e4ndnisse machen. Was ist denn da schiefgelaufen?<\/p>\n
Christian Asanger: Das ist eine gro\u00dfe Frage. „Schiefgelaufen“ ist f\u00fcr mich allerdings die falsche Formulierung. Ob es am Ende eine Blase war, kann jeder f\u00fcr sich definieren. Fakt ist: Pl\u00f6tzlich war da nach Jahrzehnten des linearen Fernsehens etwas Neues. Das wurde mehr und mehr und mehr, bis wir in der Bl\u00fctezeit, ich glaube, \u00fcber 600 Serientitel allein in den USA hatten. Und ich habe mir damals, als die vielen Streamingableger gelauncht wurden, gedacht: Wer soll das alles schauen? Jeder von uns hat nur 24 Stunden – vom Budget einmal abgesehen. Das Ganze hat durch die Coronapandemie einen weiteren Boost bekommen. Der Konsum stieg. Das hat einen zus\u00e4tzlichen Aufschwung gebracht. Dann kam der Krieg, dann die Inflation, also alles makro\u00f6konomische Themen, die zu sehr rasanten Ver\u00e4nderungen gef\u00fchrt haben. Damit hat sich auch das Konsumverhalten ver\u00e4ndert. Das ist mit ein Grund, warum es pl\u00f6tzlich eine gewisse Ern\u00fcchterung in der Branche gibt. Obendrein steht momentan alles still wegen des Streiks der Autoren- und Schauspielergewerkschaft. Vieles verz\u00f6gert sich, und auch wir schauen gebannt nach Hollywood. All das und mehr hat dazu gef\u00fchrt, dass momentan eher ein Konsolidierungskurs und weniger Wachstum herrscht.<\/p>\n
APA: Sky Deutschland wird die Produktion von fiktionalen Originals mit 2024 einstellen. Der deutsche Film- und Fernsehproduzent Nico Hofmann hat von einem „erheblichen Verlust f\u00fcr den Kreativmarkt in Deutschland“ gesprochen. Wie sehen Sie das?<\/p>\n
Asanger: Als wir vor knapp sieben Jahren mit Sky Originals wie „Babylon Berlin“, „Das Boot“ und „Der Pass“ angefangen haben, war der nationale und internationale Markt ein ganz anderer. Wir haben in den letzten sechs bis sieben Jahren rund 20 deutschsprachige Originals produziert, das ist eine Rieseninvestition. Aber die Zeiten sind heute nicht mehr dieselben. Die Entertainmentbranche, die gesamte Contentlandschaft und das Nutzungsverhalten der Zuschauer haben sich rapide ge\u00e4ndert und weiterentwickelt. Als Unternehmen muss man darauf eine Antwort haben, seine Strategie neu ausrichten und sich entscheiden, worauf man seine Chips setzt.<\/p>\n
APA: Die da w\u00e4ren?<\/p>\n
Asanger: Wir werden auch weiterhin in Inhalte investieren, vor allem in Lizenzprogramme. Wir sind sehr froh \u00fcber unsere Partnerschaften mit gro\u00dfen Studios, wie Paramount, NBC Universal und Warner, zu denen ja auch HBO geh\u00f6rt. Den HBO Output-Deal etwa haben wir seit vielen Jahren und der wird auch noch einige Jahre weiter bestehen. „The Last of Us“ war heuer ein Riesenerfolg. Und n\u00e4chstes Jahr erscheint die zweite Staffel von „House of the Dragon“. Auch die internationalen Spielfilmhighlights sind nach wie vor gro\u00dfteils exklusiv bei uns. So werden zum Beispiel die aktuell gr\u00f6\u00dften Blockbuster „Barbie“ und „Oppenheimer“ zuerst bei Sky zu sehen sein. Und dann setzen wir auf Aggregation, das hei\u00dft, wir verstehen uns ja nicht als Sender, sondern als Plattform f\u00fcr unsere Inhalte und f\u00fcr unsere Partner, wie Netflix oder Paramount+. Wir machen zudem auch weiter mit Eigenproduktionen, n\u00e4mlich mit non-fiktionalen Originals, also High-End-Dokus mit hohem Production Value wie die Reihe „Inside Greenpeace“, die wir seit Sonntag zeigen. Aber auch unterhaltsame Reality-Dokus, wie „Diese Ochsenknechts“ oder das Spin-off „Unser Hof – mit Cheyenne und Nino“, das noch im Herbst startet und ausschlie\u00dflich in der Steiermark spielt. Es ist eine gro\u00dfe Bandbreite, mit der wir viele unterschiedlichen Zielgruppen ansprechen k\u00f6nnen.<\/p>\n
APA: Ein solcher „Chip“ ist vermutlich auch der Sport?<\/p>\n
Asanger: Wir sind und bleiben das „Home of Sports“ in allen unseren M\u00e4rkten. Neben der umfangreichen Liveberichterstattung machen wir \u00fcbrigens auch Sportdokumentationen, die sehr gut bei unseren Kunden und Kundinnen ankommen. Unsere bisher erfolgreichste Doku haben wir diesen April gelauncht. Da ging es um den Bombenanschlag auf den BVB, wobei auch ein \u00d6sterreicher eine tragende Rolle gespielt hat.<\/p>\n
APA: Prinzipiell ist es g\u00fcnstiger Lizenzen zu kaufen, als eigene Serien zu produzieren?<\/p>\n
Asanger: So pauschal kann man das nicht sagen. Qualit\u00e4t hat ihren Preis, auch bei Lizenzprogrammen. Die gro\u00dfen Titel sind \u00fcber Jahre attraktiv f\u00fcr unser Publikum. Zum Beispiel „Game of Thrones“ ist ein All-Time-Klassiker, der immer wieder Quotenpeaks bringt. Aber ja, eine gro\u00dfe, fiktionale Eigenproduktion ist nat\u00fcrlich auch sehr kostenintensiv.<\/p>\n
APA: Denken Sie, dass die Entscheidung von Sky Deutschland Auswirkungen auf die anderen gro\u00dfen M\u00e4rkte des Pay-TV-Anbieters haben wird?<\/p>\n
Asanger: Was Sky betrifft, so kann ich sagen, dass Italien und UK weiter fiktionale Originals produzieren. Auch wir werden weiterhin Originals aus beiden L\u00e4ndern bei uns zeigen.<\/p>\n
APA: Es hat sich bei vielen auch eine gewisse Traurigkeit eingestellt…<\/p>\n
Asanger: Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Dass man so etwas nicht gerne macht, das versteht sich von selbst. Doch es ist f\u00fcr uns als Business die richtige Entscheidung, und wir sind sicher, dass wir mit unserem jetzigen Angebot gut f\u00fcr die Zukunft aufgestellt sind.<\/p>\n
APA: Zahlen wir bald mehr f\u00fcr weniger Qualit\u00e4t?<\/p>\n
Asanger: Als Konsument schaue ich doch genau hin: Warum soll ich f\u00fcr etwas bezahlen, das nicht mehr die Qualit\u00e4t hat, die es einst hatte? Oder das auch nicht mehr das Angebot ist, das es vorher einmal war? Vielleicht gibt es in drei bis f\u00fcnf Jahren nicht mehr diese gro\u00dfe Auswahl an Streamingplattformen, das mag sein, aber woran ich ganz fest glaube, ist, dass die Menschen immer gut unterhalten werden wollen. Das war im Kino so, das war in der Videothek so, das war im linearen Fernsehen so. Jetzt haben wir ein anderes Nutzungsverhalten, das muss sich erst einpendeln, aber gutes Entertainment wird nie aus der Mode kommen.<\/p>\n
APA: Eine aktuelle Streamingstudie von Simon-Kucher hat ergeben, dass 30 Prozent der Deutschen ein Abo k\u00fcndigen wollen. Beunruhigt Sie das?<\/p>\n
Asanger: Ich arbeite seit fast 30 Jahren in der Medienbranche. Es gibt immer etwas vermeintlich „Beunruhigendes“. Nat\u00fcrlich liegen vor uns allen viele Herausforderungen, und die gesamte Branche, Free-TV miteingeschlossen, befindet sich in einem Transformationsprozess. Beunruhigt mich das? Nein. Ich glaube, das w\u00e4re die falsche Einstellung. Es ist ein Ansporn zu fragen, was k\u00f6nnen wir tun und wie gestalten wir die Zukunft unserer Branche mit?<\/p>\n
APA: Sky blickt also in die Zukunft…<\/p>\n
Asanger: … mit Optimismus. Wir haben insgesamt viel vor – und allein schon programmseitig eine ganze Menge in der Pipeline: Das italienische Original „Unwanted“ unter der Regie von Oliver Hirschbiegel zum Beispiel. Die 4. Staffel von „Das Boot“ erscheint am Samstag. Mit „Helgoland 513“ haben wir ein Highlight Anfang n\u00e4chsten Jahres. „Diese Ochsenknechts“ ist f\u00fcr uns einer der zehn erfolgreichsten Serientitel des laufenden Jahres und geht in eine dritte Staffel. Wir werden also weiterhin hochwertigen Content in vielen Genres auf unserer Plattform haben – und f\u00fcr top Entertainment sorgen.<\/p>\n
(Das Gespr\u00e4ch f\u00fchrte Marietta Steinhart\/APA)<\/p>\n
(APA)<\/p>\n