Das Setting auf der B\u00fchne: Die Welt eines TV-Senders wird als Dracula-Szenerie gezeigt – mit S\u00e4rgen und einem Vampir-Turm, an dem gro\u00dfe Schlagzeilen zu sehen sind. Schwarz, Grau, Glitzer-Silber. Das sind die Farben, mit denen die Geschichte um einen Chefredakteur, der sich mit mehreren Mitarbeiterinnen einl\u00e4sst, gezeigt wird. Dahinter der als sehr gro\u00df gewachsen dargestellte Senderchef, der der Freund des Ich-Erz\u00e4hlers ist. Dem Erz\u00e4hler vertrauen sich die Mitarbeiterinnen nach und nach an.<\/p>\n
Aufsehen in der Medienszene<\/h2>\n
Kaum ein anderes Buch hatte im Fr\u00fchjahr ein solches Aufsehen in der Medienszene ausgel\u00f6st. Das Werk war vor der Ver\u00f6ffentlichung als Schl\u00fcsselroman um das Berliner Medienhaus Axel Springer samt Skandal an der Spitze von Deutschlands gr\u00f6\u00dfter Boulevard-Marke „Bild“ gehandelt worden. Chefredakteur Trotz Fiktion geht es jetzt vielen Theaterzuschauern sicherlich so, wie es m\u00f6glicherweise beim Lesen des Romans war: das unterschwellige Suchen nach realen Bez\u00fcgen – wie ein permanent mitschwingendes Brummen im Kopf. \u00dcbergeordnet steht hinter dem Ganzen auch die Frage nach Kunstfreiheit.<\/p>\n Dass Stuckrad-Barres Roman als Schl\u00fcsselwerk gehandelt worden war, kommt nicht von ungef\u00e4hr: Jahrelang arbeitete er selbst f\u00fcr den Konzern. Er verstand sich mit Springer-Chef Mathias D\u00f6pfner. Stuckrad-Barres Name tauchte im Kontext der Reichelt-Aff\u00e4re auf. Eine umstrittene private Kurznachricht D\u00f6pfners an den Schriftsteller, in der er „Bild“-Chef Reichelt lobte, fand den Weg in die „New York Times“. Konzernchef D\u00f6pfner geriet in der Aff\u00e4re auch unter Druck.<\/p>\n Autor Stuckrad-Barre entschied sich beim Schreiben f\u00fcr die Fiktion. Stoff also, der vom echten Leben inspiriert sein kann, aber davon losgel\u00f6st ist. Im Roman „Noch wach?“ wird zu Beginn betont, dass das Ganze zwar „in Teilen inspiriert von verschiedenen realen Ereignissen“ sei. Das Buch sei „jedoch eine hiervon losgel\u00f6ste und unabh\u00e4ngige fiktionale Geschichte“. Der Autor habe „ein v\u00f6llig eigenst\u00e4ndiges neues Werk geschaffen“.<\/p>\n Kurz vor der Theaterpremiere \u00e4u\u00dferte sich der 48-J\u00e4hrige, der mit Werken wie „Soloalbum“ und „Panikherz“ zum Kreis der bekanntesten zeitgen\u00f6ssischen Schriftsteller z\u00e4hlt, im Podcast „Hotel Matze“ in einem rund vierst\u00fcndigen Gespr\u00e4ch mit Moderator Matze Hielscher erneut. Unter anderem sagte Stuckrad-Barre \u00fcber das Buch, er sei froh, dass er das geschafft habe. Weil es schwierig gewesen sei bis hin zu juristischen \u00dcberlegungen, die \u00fcber Monate gingen – einzelne W\u00f6rter betreffend. Und: „Es werden Risikoabw\u00e4gungen gemacht.“<\/p>\n Das Thalia Theater zeigt das St\u00fcck von Regisseur Christopher R\u00fcping, der schon „Panikherz“ auf die B\u00fchne brachte. Auf die Frage, ob er zuvor Anw\u00e4lte eingeschaltet habe, sagte der Regisseur der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben das nicht von Anw\u00e4lten pr\u00fcfen lassen. Wir gehen davon aus, dass es Kunstfreiheit nach wie vor gibt. Wir machen zudem nicht ein verwandtes Projekt zu dem Roman, sondern das ist eine Adaption mit einer eigenen Lesart.“<\/p>\n Weiter sagte er im dpa-Gespr\u00e4ch: „Es gibt einzelne Momente, in denen die B\u00fchne konkreter wird als der Roman. Menschen stehen da und k\u00f6nnen einen mehr oder weniger an reale Figuren erinnern. Beim Roman ist das erstmal nur Text.“<\/p>\n R\u00fcping f\u00fchrte zudem \u00fcber den Stoff des Romans und des Theaterst\u00fccks aus: „Mich interessiert das Systemische daran. Letzten Endes kann man das Ganze auch als Gleichnis lesen zum Beispiel auf einen nicht funktionierenden Staatstheater-Betrieb, eine Sparkasse, einen Friseur-Salon oder eine Krankenkasse.“<\/p>\n Will man einen Sound f\u00fcr „Noch wach?“ beschreiben, dann kann es dieser sein: Regen. Es regnet permanent auf der B\u00fchne. Es ist ein bedr\u00fcckender Regenvorhang, der immer wieder von der Decke niedergeht. Frauen, die im Regen stehen.<\/p>\nVom echten Leben inspiriert<\/h2>\n
Der Sound von Regen<\/h2>\n
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