Der \u00c4rztemangel in Wien kann als beendet gelten: Nach langer Absenz in der Bundeshauptstadt absolvierte die selbst ernannte beste Band der Welt in der Arena den Start ihrer neuen „Herbst des Lebens“-Tour. Dass es die geben wird, wurde kurzfristig vor etwa zwei Wochen verk\u00fcndet. Dem Erfolg tat dies erwartungsgem\u00e4\u00df keinen Abbruch. 3.000 Fans feierten das unerwartete rund dreist\u00fcndige Konzert-Highlight.<\/p>\n
Die spontane Aktion passte zur etwas un\u00fcbersichtlichen Situation der vergangenen Jahre. Daf\u00fcr, dass die Pl\u00e4ne zuletzt ins Straucheln gerieten, k\u00f6nnen die \u00c4rzte aber nichts. Das geplante Gastspiel 2021 in der Wiener Stadthalle fiel der Pandemie zum Opfer – wie schon eine zuvor angesetzte Tournee. Dem Storno folgten Auftritte vor allem in Deutschland und diverse Festivalbesuche. In \u00d6sterreich beehrten sie 2022 unter anderem Graz. Heuer waren die \u00c4rzte hierzulande bereits am Nova Rock und am Frequency zu Gast. Wien stand hingegen schon seit Jahren nicht mehr im Kalender.<\/p>\n
Zum Auftakt der Herbst-Tour wurden daf\u00fcr jetzt zwei Open-Air-Abende in der Arena angesetzt. Sie waren flugs ausverkauft, was anders als die Tour-Verk\u00fcndung keine \u00dcberraschung war. Denn die \u00c4rzte haben hierzulande viele Fans. Dazu kommt, dass in der Arena bei einem Freiluftkonzert gerade mal Platz f\u00fcr rund 3.000 Leute ist. Das ist f\u00fcr Acts dieser Kategorie eher wenig.<\/p>\n
Das Publikum war generations\u00fcbergreifend gestaltet – manche Fans hatten auch ihre Kinder mitgebracht. Sowohl Musiker als auch Besucher bewiesen jedoch einhellig, dass vorerst keiner daran denkt, sich bald zur Ruhe zu begeben. Die \u00c4rzte feierten in Wien ein lautes und ausgelassenes Wiedersehensfest. Sogar das Wetter spielte mit. Es hatte sich passend zum Motto der Tour auf die k\u00fchle Seite – Regenschauer inklusive – geschlagen.<\/p>\n
Als der schwarze Vorhang vor der B\u00fchne fiel und den Blick auf Farin Urlaub, Bela B und den Bassisten Rod Gonz\u00e1lez freigab, war dies der Startschuss nicht nur f\u00fcr eine Party, sondern auch f\u00fcr eine Werkschau. Denn der Schaffenskosmos der Berliner ist riesig. 1983 erschien die erste EP („Zu sch\u00f6n, um wahr zu sein“), inzwischen h\u00e4lt man beim vierzehnten Studioalbum. „Dunkel“ erblickte 2021 das Licht der Welt.<\/p>\n
Dargeboten wurden zum Teil Lieder, die live nicht oft zu h\u00f6ren sind (oder noch nie zu h\u00f6ren waren). Die R\u00fcckgriffe auf das Fr\u00fchwerk fielen dabei sparsam aus. Auch mancher gro\u00dfe Hit fehlte, was der Begeisterung aber keinen Abbruch tat. Farin Urlaub sprach von einer „ausgefallenen Setlist“, f\u00fcr die ausgiebig – konkret f\u00fcnf Tage – geprobt werden musste.<\/p>\n
Zum Auftakt erklang „Wer verliert, hat schon verloren“ vom „Dunkel“-Vorg\u00e4nger „Hell“. „Tamagochi“, „Geld“, „Mein Baby war beim Fris\u00f6r“, „Angeber“ oder das selbstreflexive „Ist das noch Punkrock“ wurden ebenfalls im ersten Teil des Gigs serviert. „Quark“, „Der Misanthrop“ oder „Langweilig“ waren Gr\u00fc\u00dfe aus den punkigen 1990er-Jahren.<\/p>\n
Rod Gonz\u00e1les gab den von ihm geschriebenen Song „Sohn der Leere“ zum Besten. „Leben vor dem Tod“ – eine Live-Premiere auch aus dem Album „Hell“ – intonierte Farin Urlaub wiederum ganz allein mit Gitarre. Weiters mit dabei: Lieder wie „Der Graf“, „Anastasia“, „Unrockbar“, „Himmelblau“, „Junge“ oder „Alles ist besser“. Vom j\u00fcngsten Longplayer „Dunkel“ wurden neben der gleichnamigen Single etwa auch „Doof“, „Noise“ und erstmals „Einschlag“ live aufgeboten.<\/p>\n
Einer der bekanntesten Vertreter aus der Hit-Abteilung war einmal mehr die Anti-Nazi-Hymne „Schrei nach Liebe“. F\u00fcr einen Freudenschrei der Fans sorgte dann ein k\u00fcssendes Paar. Denn dieses motivierte die Band dazu, mit den Worten „Machen wir es doch wie fr\u00fcher“ die Instrumentalversion des ultimativen Klassikers „Geschwisterliebe“ darzubieten (die auch „Der Ritt auf dem Schmetterling“ genannt wird, Anm.).<\/p>\n
In Deutschland darf das Lied mit dem doch eher expliziten Text seit 1987 nicht gespielt werden. Darum l\u00e4sst man gelegentlich das Publikum singen, das sich auch in Wien nicht lange bitten lie\u00df. Den anwesenden Kids m\u00f6ge man einstweilen den Geh\u00f6rschutz fest auf die Ohren dr\u00fccken, bat die Band – die andeutete, dass die Aktion einmalig auf dieser Tour war.<\/p>\n
Wie \u00fcberhaupt der Wortanteil betr\u00e4chtlich ausfiel. In gewohnter Manier wurde ausgiebig geplaudert, man sinnierte \u00fcber das \u00c4lterwerden und es gab auch so manchen Versuch, den Wiener Dialekt nachzuahmen. Farin Urlaub begr\u00fc\u00dfte zudem die Besucher mit einem „Herzlichen Gl\u00fcckwunsch“ – da sie ein Ticket ergattern konnten.<\/p>\n
„Die H\u00e4user standen beim letzten Mal nicht da“, wurde auch \u00fcber die neuen benachbarten Wohnt\u00fcrme gestaunt. Die Bewohner h\u00e4tten schon beim Soundcheck die Bullen geholt, scherzte man. Man habe sich prompt gef\u00fchlt wie in den 1980er-Jahren.<\/p>\n
Heute, Mittwoch, absolvieren die \u00c4rzte den zweiten Hausbesuch in der Arena. Dann geht es ab zur herbstlichen Reise zu Hallen in Deutschland und der Schweiz.<\/p>\n
(APA)<\/p>\n